Nullzinspolitik

Ich kann es nicht mehr hören!
Zu allen möglichen Gelegenheiten und aus allen möglichen Richtungen bekommen wir mitgeteilt, dass eine

„Nullzinspolitik“

betrieben wird. Was für ein Unfug!

Ich erläutere meine Standpunkte am Beispiel AFD. In deren Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2017 steht folgendes:

Die EZB sollte eine zweite Bundesbank sein. Stattdessen betreibt sie eine Währungspolitik der unwirtschaftlichen Zinsen (Nullzinspolitik).

Eine Politik der künstlich herbeigeführten Null- und Negativzinsen führt zur Zerstörung der zentralen Märkte für Anleihen.

1.)
Es wird nichts „betrieben“. „Betreiben“ ist eine aktive Handlung, um etwas bestimmtes erreichen zu wollen.

Mir erschließt sich einfach nicht, warum sich eine Zentralbank (ZB) aktiv um Nullzinsen bemühen sollte. Was für einen Sinn hätte das? Welches Ziel könnte sie damit verfolgen?

Darüber hinaus wird ständig so getan, als ob die EZB die einzige ZB ist, die die Zinsen runterfährt. Das dem selbstverständlich nicht so ist, kann man sich bspw. bei global-rates.com veranschaulichen. Exemplarisch habe ich mal den japanischen und australischen Zinssatz herausgezogen:

Japanischer Zinssatz BoJ

Japanischer Zinssatz

Australischer Zinssatz RBA

Australischer Zinssatz

Auch wenn der australische und viele weitere Zinssätze noch nicht bei Null angelangt sind, die Tendenz wird deutlich: abwärts!
Warum sollte die japanische ZB den Anstieg des Zinssatzes seit nahezu 20 Jahren aktiv verhindern wollen? Das ist Quatsch! Sie würde nichts lieber tun, als die Zinsen zu erhöhen – genau wie die EZB. Warum? Deshalb (stark vereinfachte Darstellung!):

Zinsen hängen an der Inflation → Inflation hängt an zusätzlichem Geld → zusätzliches Geld = zusätzliche Neuverschuldung! → zusätzliche Neuverschuldung = Wirtschaftswachstum

Kurz:
Zinsen hängen von der zusätzlichen Neuverschuldung ab; geringe bzw. keine Neuverschuldung = niedrige Zinsen bzw. N u l l z i n s e n

Da sind sie, die Nullzinsen! Nullzinsen sind eine logische, zwingende Folge des debitistischen Durchlaufs, und nicht etwa von irgendeiner Politik und / oder etwas „künstlich Herbeigeführtem“!
Es ist einfach unerträglich, immer wieder den selben Quatsch aufgetischt zu bekommen – insbesondere, wenn es um Stimmenfang geht.

P.S.: Vorstehendes erklärt auch, warum wir uns von der Vorstellung von demnächst signifikant1) steigenden Zinsen verabschieden sollten. Die wird es angesichts der vorhandenen, horrenden, weltweiten Verschuldung nicht mehr geben!
Mit einer Ausnahme: der Staat fängt tatsächlich an Geld selbst zu drucken (wie auch immer das im Detail aussehen würde).

1) Mit „signifikant“ meine ich nicht ein, zwei Prozentchen, sondern Größenordnungen wie es sie vor 10, 20 Jahren gab. Lasst euch nichts vormachen.

2.)
Man kann zur europäischen Währungsunion / EZB stehen wie man will – ich halte wenig davon -, aber die Aussage der AFD „Die EZB sollte eine zweite Bundesbank sein“ ist einfach sachfalscher Mumpitz!

Die Bundesbank hatte einfach nur das „Glück“, dass sie zur großen, debitistischen, nachkriegszeitlichen Aufschuldungsphase am Ruder war – mehr nicht!
Abgesehen davon sieht man in untenstehender, langfristiger Leitzins-Graphik von Wikipedia sehr deutlich, dass bereits die Bundesbank ab ca. 1982 mit nachhaltigen Leitzinssenkungen begonnen hatte. Wäre da nicht der BRD-spezifische Sondereffekt der Wiedervereinigung gewesen, hätten sich auch die von der AFD so hoch gelobten Bundesbank festgesetzten Leitzinsen entsprechen der Leitzinsen der USA entwickelt: nämlich in der Tendenz permanent fallend.


Nullzins ist nicht das Resultat eines bewussten Entscheidungsprozesses, der einfach durch eine andere, wie auch immer geartete Politik geändert werden könnte.
Die Politik / ZB sind Getriebene der ausbleibenden – oder zumindest zu geringen – Neuverschuldung.
Das die „Experten“ und Medien die Nullzins“politik“ thematisieren, ist mal wieder überaus bezeichnend.