Warum „Reißverschlussverfahren“?

Warum eine Seite mit dem merkwürdigen Namen „Reißverschluss-verfahren“?

Zunächst zur Domain: Reißverschlußverfahren ohne Bindestrich war schon vergeben; ich musste mich notgedrungen mit der zweitbesten Variante – mit Bindestrich – zufrieden geben.

Zum eigentlichen Thema: Warum diese Seite?
Deshalb…

 SOLL:
 IST:
  
  § 7 Abs. 4 StVOWarum kapiert niemand das Reißverschluss-Verfahren?
Eine Baustelle oder ein Unfall blockieren die Straße, die Fahrspur kann nicht mehr genutzt werden. Beim Einfädeln kommt es zu langen Staus. Dabei müsste das nicht sein. Warum kapiert niemand das Reißverschlussverfahren?
(Frankfurter Rundschau)

Bei einer meiner letzten Autobahnfahrten habe ich es selbst wieder mal erlebt:

  • Engstelle
  • Einfädelungsbereich mittlerweile so weit nach hinten gerückt, dass die Engstelle nur noch mit dem Fernglas zu sehen war (die obige, rechte Graphik ist insofern noch recht beschönigend)
  • Ich – und eine kleine Minderheit anderer Fahrzeughalter – also sinnvollerweise den § 7 Abs. 4 der STVO beachtend   auf der linken Spur geblieben, um bis zur Engstelle vorzufahren. Schon gingen die ersten Hupen los und … zack, ein LKW schwenkt ein Stück von der rechten „Stauspur“ nach links, halb auf „meine“ verwaiste Spur, und hindert mich so, am zügigen und zumindest staulimitierenden Weiterfahren bis zur Engstelle.

DAS ist der Grund!!

Ich habe mich über diese Situation – in Summe mit den vielen, vielen anderen, vergleichebaren Situationen / Umständen / Verhalten usw. – dermaßen geärgert, dass ich noch auf der Autobahn beschlossen habe, dies zum Anlass zu nehmen, blutdrucksenkende Selbstherapie zu betreiben und meinen Frust zu „entbloggen“ .

P.S.: Einzelfall? Nein! Es ist ein regelmäßig autretendes Ärgernis.

Das war die Kurzfassung. Ausführlicher wie folgt:

Was kann aus diesem Verhalten abgeleitet werden bzw. welche Fragen wirft dieses Verhalten auf?

Letztlich kann das verbreitete (Fehl)Verhalten beim „Reißverschlussverfahren“ als Spiegelbild der heutigen Gesellschaft / Menschen und der bestehenden Mißstände sowie, ganz allgemein gesehen, zur Spezies Mensch herhalten.

Meines Erachtens fehlen in solchen Situation viel zu häufig so „simple“ Dinge wie  gesunder Menschenverstand und / oder ein Mindestmaß an respektvollem Umgang miteinander.
Beides angewand wäre für alle Beteiligten von Vorteil; das wird jedoch einfach nicht gesehen.
Der Mangel dieser Dinge veranlasst einerseits zu viele die Einscherspur dicht zu machen („Ich lasse dich doch nicht rein! Ha, dann würde ich ja sage und schreibe noch ein ganzes Auto zurückgesetzt; das geht gar nicht.“) und andererseits das Einfädeln immer früher zu starten („… sonst komme ich ja überhaupt nicht mehr rein“).
Der nächste Stau an einer Engstelle kommt bestimmt; andere Verhaltensweisen würden ihn zumindest „entkrampfen“. Aber wer denkt schon weiter als bis zu seiner Nasenspitze.

 
http://www.der-postillon.com/2017/08/klettverschluss.html

Durch oben beschriebene, wechselseitig beeinflussende Fehlverhalten beginnt der Abstand zum Einfädelbereich nach hinten zu wandern.

Aber warum wandert er immer weiter?

Immerhin ist nach einer Weile eine Spur über hunderte von Metern vollig frei; was für ein Angebot!

In der Menge ist jedes Gefühl, jede Handlung ansteckend, und zwar in so hohem Grade, dass das Individuum sehr leicht sein persönliches Interesse dem Gesamtinteresse opfert.  (Gustave Le Bon)

Kurz gesagt: Lieber ein Teil der Masse sein, als das Richtige tun.
Wenn das kein Spiegelbild der Gesellschaft ist … Und das nächste folgt sogleich:

Schert einer aus der Stauspur aus – oder reiht sich erst gar nicht dort ein – und fährt also auf der freien Spur weiter, gibt es plötzlich durchaus ein paar „Mitstreiter“ die nun folgen.
Offensichtlich war nur jemanden nötig, der dem zuvor massenhörigen Gefolge die Rechtfertigung liefert, aus der ursprünglichen Masse ausscheren und eine neue Masse zu gründen.
Eine neue Masse, der sie im Grunde ihres Herzens gerne schon viel früher angehört hätten.
Nur hätten sie dafür die alte Masse selbstständig verlassen müssen oder sich entgegen der Masse erst gar nicht dort einreihen dürfen.
Ohne entsprechenden „Führer“ funktioniert das anscheinend nicht.
Wenn das kein Spiegelbild der Gesellschaft ist …

Letzter Punkt:
Was ging / geht in Menschen wie besagtem LKW-Fahrer vor? Warum hinderte er mich am Weiterfahren?

Natürlich, wenn ich und vielleicht noch ein paar andere bis zu Engstelle vorfahren, um erst dort einzuscheren, bedeutet das in diesem Moment / in dieser Situation für ihn, dass er ein paar Fahrzeuge länger warten muss, bis er durch ist.

Das an der Gesamtsituation mglw. etwas nicht stimmt, wird gar nicht hinterfragt.
Das u. a. sein eigenes Verhalten dazu beiträgt, dass er selbst an der nächsten Engstelle länger im Stau steht als es nötig wäre, spielt einfach keine Rolle.
Hier, jetzt, ich … örtlich, zeitlich, menschlich eingeschränktes Denken, ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dies immer mehr um sich greift.

Zugegeben, das Verhalten dieses LKW-Fahrers war extrem; die überwiegende Mehrheit verhält sich nicht so. Allerdings meine ich solche bzw. ähnliche Verhaltensmuster in allen möglichen Situationen immer häufiger festzustellen.
Die Fähigkeit und / oder vielleicht auch der Wille größere Zusammenhänge, mögliche Verknüpfungen, Ursachen und Wirkungen zu erkennen nimmt m. E. zunehmend ab.

Außerdem nervt der zunehmende Verlust der Fähigkeit oder des Willens eigenes Fehlverhalten oder Fehleinschätzungen usw. zuzugeben und – um beim Straßenverkehr zu bleiben – bspw. einfach eine kleine Geste der Entschuldigung zu zeigen. Lieber wird bspw. so getan, als wenn gar nichts passiert wäre.

All diese beim „Reißverschlußverfahren“ sichtbaren Verhaltensweisen kann man meiner Meinung nach durchaus auf die gesamte Gesellschaft übertragen.
Natürlich ist das nur ein kleiner Ausschnitt in aller Kürze; die Welt ist überaus komplex bzw. kompliziert.
Trotzdem, meine Erfahrungen und Erlebnisse beim „Reißverschlußverfahren“ waren letztendlich der Auslöser – sozusagen der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte – für diesen Blog: Selbsttherapie  durch Befriedigung meiner Mittelungsbedürfigkeit über Dinge, die sowieso niemand hören will .